Rheuma – was ist das eigentlich?

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„Nimm die Krankheit zur Kenntnis, aber unterwerfe dich ihr nicht.“ – Ebo Rau

Knapp 3% der deutschen erwachsenen Bevölkerung leiden unter entzündlich-rheumatischen Erkankungen (Stand 01/2023)1. Doch was verbirgt sich eigentlich unter dem Sammelbegriff „Rheuma“?

In der Regel sind rheumatische Erkrankungen chronisch, das heißt sie entwickeln sich langsam, sind von langer Dauer und meist nur sehr schwer oder gar nicht heilbar. Dabei können chronische Krankheiten immer wieder einen akute Schübe aufweisen. Häufig gehen rheumatische Erkrankungen mit chronischen Schmerzen einher, die als solche bezeichnet werden, wenn sie länger als 3 Monate bestehen.

Es gibt über 200 verschiedene rheumatische Erkrankungen, die zu den sogenannten Autoimmunerkrankungen gehören. Dabei greift die Immunabwehr des Menschen körpereigenes Material an und sorgt so für Entzündungen. Je nach dem welche Körperstellen von Entzündungen betroffen sind, spricht man von verschiedenen Unterkategorien.

Entzündliche rheumatische Erkrankungen

Es gibt vier Hauptgruppen der entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. Rheumatoide Arthritis und Sponyloarthritis sorgen dabei für Entzündungen an Gelenken und Sehnen. Dagegen gehören Kollagenen und Vaskulitiden zu den sogenannten rheumatischen Systemerkrankungen, weil sie sich auf systematische Körperbereiche konzentrieren.

Rheumatische Erkrankungen bei Kindern werden Juvenile idiopathische Arthritis (JIA) genannt. Sie entscheiden sich von rheumatischen Erkrankungen des Erwachsenenalters und lassen sich wiederum in verschiedene Kategorien einteilen.

Aber zurück zu den Entzündlichen rheumatischen Erkrankungen beim Erwachsenen:

1. Rheumatoide Arthritis

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste Form der rheumatischen Erkrankungen und betrifft knapp 1% der deutschen erwachsenen Bevölkerung (Stand 01/2023)2. Wie schon erläutert greift der Körper bei Autoimmunerkrankungen sein eigenes Gewebe an, was hier die Gelenke und Sehnen sind. Typischerweise beginnen die Entzündungen in kleinen Gelenken an Händen und/oder Füßen, bevor sie im weiteren Verlauf auch die größeren Gelenke betreffen, wie Knie, Ellbogen, Schultern et cetera.

Durch diese Entzündungen entstehen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die morgens am stärksten sind. Hier ist oft von der sogenannten Morgensteifigkeit die Rede. Wie viele Autoimmunerkankungen verläuft auch die rheumatoide Arthritis schubförmig.

2. Spondyloarthritis

Bei den Spondyloarthriten sind Hauptschauplatz der Entzündungen die Wirbelsäule und Kreuz-Darmbein-Gelenke sowie sogenannte periphere Gelenke, also Gelenke in Armen und Beinen. Zu dieser Gruppe gehört die

  • Ankylosierende Spondyloarthritis (Morbus Becherew), für die entzündliche Rückenschmerzen charakteristisch sind, die sich bis in die Kniekehlen ziehen können.
  • Arthritis psoriatica (Arthritis bei Schuppenflechte), die nach Erkrankung an Schuppenflechte (Psoriasis) auftritt und in ihrer Symptomatik der rheumatoiden Arthritis ähnelt.
  • Reaktive Arthritis (Arthritis nach Infektionen), der immer eine Infektion der Magen-Darm, Geschlechts- und Harnwegs- oder Atemwegs-Gegend vorausgeht. Auch diese Symptome ähneln denen einer rheumatoiden Arthritis.
  • Sponyloarthritis bei entzündlichen Darmerkrankungen (wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa), bei der zusätzlich zur Darmentzündung Gelenke (meist an den Beinen) betroffen sind.

3. Kollagenosen

Unter Kollagenosen versteht man eine Gruppe von systemischen Autoimmunerkrankungen, die ihren Namen aus historischen Gründen tragen. Denn früher wurden so entzündliche Veränderungen im Bindegewebe bezeichnet, das hauptsächlich aus Kollagen besteht.

Zu den Kollagenosen gehört

  • das Sjögren-Syndrom, bei dem insbesondere exokrine Drüsen angegriffen werden und so zu seinem typischen Trockenheitssymptom führen.
  • Systemischer Lupus erythematodes, wobei vom Körper Antikörper gegen eigene Zellkernbestandteile gebildet und so die Organe geschädigt werden.
  • Systemische Sklerose, bei der Blutgefäße und Bindegewebe betroffen sind. Bei einem Großteil der Betroffenen ist das Raynaud-Syndrom (Erblassen der Finger bei Kälte oder Stress) auffällig.
  • Autoimmune Myositiden, eine seltene Erkrankungsgruppe von Muskelentzündungen.
  • Mischkollagenosen (Sharp-Syndrom), bei denen die Symptome verschiedener Erkrankungsbilder überlappen und dabei immer Antikörper gegen Zellkerne (ANA = Anti-Nukleäre Antikörper) auftreten.
  • undifferenzierte Kollagenen, die Krankheitszeichen von Kollagenosen aufweisen, aber nicht in eine Kategorie eingeordnet werden können.

4. Vaskulitiden

Als Vaskulitiden werden Entzündungen der (Blut-)Gefäße bezeichnet. Sie können eine eigenständige Autoimmunerkrankung sein, bei der der Körper die Gefäße angreift, können aber auch als Folge aus entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, Medikamenten oder Viren entstehen. Im ersten Fall treten häufig auch Gelenk- und Muskelschmerzen auf, die von Betroffenen häufig zuerst bemerkt werden. Dabei sind die Entzündungen der (Blut-)Gefäße das größere Problem, denn durch die Entzündung der Gefäßwand kommt es zu einer Verengung, die bis in einen Verschluss münden kann. Das Organ, das eigentlich durch dieses Gefäß versorgt werden sollte, kann dann nicht mehr richtig funktionieren.

Weil Entzündungen häufig das umliegende Gewebe zerstören, kann es auch hier zu einer Zerstörung der Gefäßwand kommen. Es bilden sich Ausbuckelungen am Blutgefäß, die platzen können, sodass innere Blutungen entstehen.

Hinweis: Weil wir als Betroffene von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

Nichtentzündlich-Rheumatische Erkrankungen

1. Arthrosen

Arthrosen sind in Deutschland insbesondere bei der älteren Generation keine Seltenheit: Im Jahr 2010 betrug die Rate der betroffenen Frauen etwa 24%, der Männer etwa 14%3. Ab dem 60. Lebensjahr sind es schon gut 50% der Frauen und etwa 30% der Männer4.

Bei Arthrose wird der schützende Knorpel, der die gelenkbildenden Knochen wie ein Stoßdämpfer umgibt, immer dünner und bekommt Risse. Diese Veränderung möchte der Körper kompensieren, indem er die Knochen unter der brüchigen Knorpelschicht verdichtet und an den Gelenkrändern Knochen anbaut. So verschlechtert sich die Lage noch mehr, denn die Innenhaut der Gelenkkapsel wird gereizt, produziert mehr Gelenkflüssigkeit und so wird das Gelenk dick, warm, schmerzhaft und eingeschränkt in seiner Funktion.

Ursächlich für Arthrosen ist also die degenerative Abnutzung des Knorpels zwischen den Knochen. Doch wie passiert das? Ursächlich können Verleihungen, Gelenkinfektionen oder auch knöcherne Fehlstellungen sein. Entzündlich Rheumatische Erkrankungen können ebenfalls zu einer Arthrose führen (dann als „sekundäre“ Arthrose bezeichnet), denn durch die Entzündungsaktivität im Gelenk kann der Knorpel geschädigt werden. Abhängig vom individuellen Krankheitsbild, ist das Arthroserisiko bei Rheumapatienten höher oder geringer.

2. Schmerzkrankheiten: Das Fibromyalgie-Syndrom

Faser-Muskelschmerz lautet die Übersetzung von Fibromyalgie, denn dieses Syndrom ist eine chronische Schmerzerkrankung. Es verursacht Scherzen in verschiedenen Körperregionen, wie Nacken, Rücken, Brustkorb, Arme und Beine. Hinzu kommen weitere Symptome, wie Schlafstörungen, Herzrasen, Reizdarm-Symptome und viel mehr. Auch seelische Beschwerden gehen oft mir dem Symptom einher: innere Unruhe, Niedergeschlagenheit und Antriebsverlust sind keine Seltenheit.

In Deutschland sind etwa 3,4% der Bevölkerung vom Fibromyalgie-Syndrom betroffen (Stand 01/2023)5, davon deutlich mehr Frauen als Männer.

Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden

1. Gicht

Gicht resultiert aus einer erhöhten Menge an Harnsäure im Organismus und gehört zur Kategorie der Stoffwechselerkrankungen. Häufig gehen mit einer Gicht Gelenkentzündungen einher, die durch das Salz der Harnsäure (Urat) ausgelöst werden. Ein solches Krankheitsbild wird Arthritis urica genannt.

Etwa 1,4% der deutschen Bevölkerung (Stand 01/2023)6 und mehr Männer als Frauen sind von Gicht betroffen. Begünstigt wird die Krankheit insbesondere durch die Ernährung, spezieller durch purinreiche Ernährung. Purine sind natürliche Bestandteile des Körpers und unserer Nahrung, die insbesondere in Fleisch und Fisch enthalten sind. Aber auch Alkohol ist ein Risikofaktor.

2. Osteoporose

Die Knochen unseres Körpers erneuern sich selbst in 7-10 Jahren einmal komplett, durch den Prozess der Knochen-Modellierung. Bei der Osteoporose (auch Knochenschwund genannt), nimmt der Knochen an Festigkeit und damit Stabilität ab, denn erstens vermindert sich die Knochenmasse und zweitens verändert sich auch die gesamte Mikroarchitektur des Knochens. Der Knochen wird fast schon porös. Eine solche Instabilität birgt ein hohes Risiko für Knochenbrüche.

Bestimmte Rheumatische Erkrankungen (Rheumatoide Arthritis, Spondylitis ankylosans, systemischer Lupus erythematodes) erhöhren das Risiko für Ostoporose, wie auch andere Krankheitsbilder, z.B. Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz, Morbus Parkinson, Hormonstörungen et cetera.

Problematisch für betroffene rheumatischer Erkrankungen ist vor allem auch die Begünstigung von Osteoporose durch Medikamente, in unserem Fall vor allem Kortison (Glucokortikoide). Ab 5mg Prednisolon am Tag steigt das Risiko und wiederholte Kortison-Injektionen in betroffene Gelenke fördern eine lokale Osteoporose an dieser Stelle.

Ursachen für rheumatische Erkrankungen

Bis heute ist nicht abschließend geklärt, warum rheumatische Erkrankungen entstehen und wodurch sie letztlich ausgelöst werden. Es gibt eine Reihe von begünstigenden Faktoren, die du im Beitrag Rheuma – was sind die Ursachen? detailliert nachlesen kannst.

Weiterführende Literatur

Wenn du noch tiefer in die gesamte Materie einsteigen möchtest dann sieh dir eine der aufgelisteten Quellen an. Das Buch „Rheuma ist behandelbar“ von Erika Gromnica-Ihle habe ich als Grundlage für diesen Beitrag verwendet. Aber auch die Rheuma-Liga oder die Seite gesundheitsinformation.de haben gute Übersichten zum Thema.

Rheuma-Liga: https://www.rheuma-liga.de/rheuma/krankheitsbilder

Gesundheitsinformation.de: https://www.gesundheitsinformation.de/rheumatoide-arthritis.html

Quellen

1Albrecht, K., Binder, S., Minden, K. et al. Systematisches Review zur Schätzung der Prävalenz entzündlich rheumatischer Erkrankungen in Deutschland. Z Rheumatol (2023). https://doi.org/10.1007/s00393-022-01305-2

2Albrecht K, Callhoff J, Strangfeld A. [Is the prevalence of rheumatoid arthritis truly on the rise?]. Z Rheumatol2022;81(4):323-27. doi: 10.1007/s00393-022-01192-7 [published Online First: 20220331]

3Westerlind H, Bairkdar M, Gunnarsson K, et al. Incidence and prevalence of systemic sclerosis in Sweden, 2004-2015, a register-based study. Semin Arthritis Rheum 2022;53:151978. doi: 10.1016/j.semarthrit.2022.151978 [published Online First: 20220209]

4Meyer A, Meyer N, Schaeffer M, et al. Incidence and prevalence of inflammatory myopathies: a systematic review. Rheumatology (Oxford) 2015;54(1):50-63. doi: 10.1093/rheumatology/keu289 [published Online First: 20140726]

5Hauser W, Hausteiner-Wiehle C, Henningsen P, et al. Prevalence and overlap of somatic symptom disorder, bodily distress syndrome and fibromyalgia syndrome in the German general population: A cross sectional study. J Psychosom Res 2020;133:110111. doi: 10.1016/j.jpsychores.2020.110111 [published Online First: 20200411]

6Colombo MG, Wetzel AJ, Haumann H, et al. Polymyalgia Rheumatica. Dtsch Arztebl Int 2022;119(24):411-17. doi: 10.3238/arztebl.m2022.0218

https://flexikon.doccheck.com (Stand: 01/2023)

Gromnica-Ihle, E. Rheuma ist behandelbar. Springer Berlin, Heidelberg (2018). doi: 10.1007/978-3-662-56812-5

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